
Nun hab ich mich seid langer Zeit nicht mehr gemeldet, da mich das am Leben erhalten zweier kleiner Kinder auf Trab gehalten hat (Wer meinen Sohn kennt, weiß das ich nicht übertreibe). Jetzt sitze ich hier und lasse die letzten Wochen Revue passieren.
Bevor ich Mutter wurde, habe ich mir ausgemalt, wie gut ich mich darauf vorbereiten würde. Ich meine jetzt nicht auf die erste Babyzeit, sondern auf die Zeit wenn die "Erziehung" beginnt. Ich würde alles anders machen, als meine Eltern, die meiner Meinung nach einfach keinen richtigen Plan hatten und es so gemacht haben, wie Ihre Eltern bei Ihnen. Spätestens jetzt wissen wir, dass früher nicht alles besser war und dazu zählt Erziehung, meiner Meinung nach, auf jeden Fall dazu. Nun gut, sie wussten es einfach nicht besser, ICH jedoch würde mich informieren! ICH würde Erziehungsratgeber lesen, Jesper Juul und die ganzen anderen Gurus unserer Zeit. ICH würde alles verinnerlichen und in der Praxis IMMER eine bedürfnisorientierte und pädagogisch wertvolle Lösung finden. ICH würde IMMER ruhig und verständnisvoll mit meinem Kind reden und NIE rumschreihen oder sogar drohen! NIE!
HAHAHAHAHA!!!!!!!
Heute weiß ich, dass das Bullshit ist!
In der Realität sieht es so aus, dass ich mir wirklich viele dieser Bücher besorgt habe und diese auch tatsächlich gelesen habe. Wie schlüssig und logisch, es sich noch beim lesen angefühlt hat, sobald ich in eine Situation komme, die mich vor eine Herausforderung stellt, ist mein Kopf manchmal einfach leer. Ich kann mich in manchen Stresssituation einfach schwer darauf besinnen, so zu handeln wie ich es eigentlich wollte, stattdessen genervt sein und rumgemotze (Triggerverhalten aus der eigenen Kindheit). Das beste Beispiel wenn wir irgendwo hin wollen oder von "Irgendwo" wieder nach Hause gehen wollen. Jedes mal die Aufforderung: Pimie, zieh dich bitte an wir wollen los. Prompte Antwort: Nein!
Ich bin eigentlich noch ziemlich entspannt, weil das ja nix neues ist. Ich pelle also erstmal die Kleine an und lasse mich davon nicht beeindrucken. Dann gehe ich vor ihm in die Knie, auf Augenhöhe und bitte nochmal darum, dass er sich jetzt anzieht.
Antwort: Nein!
*WUUUUUSSSAAAAAAA*
Ich weiß, dass er gerade keine Lust hat los zu gehen und sich deshalb nicht anzieht (und JAAA Autonomiephase), aber trotz dieses Wissens, fängt es langsam an in mir zu brodeln. Wie war das mit, Kinder wollen immer kooperieren, nochmal?! Ich biete an zu helfen (du einen Schuh, ich einen Schuh), hilft aber nix. Manchmal setzt er dann noch einen drauf und fängt an vor mir weg zu laufen.
Nun fange ich langsam mit dem an, was ich eigentlich nie machen wollte...Drohungen aussprechen...und ich fühle mich dabei auch ehrlich gesagt nicht wohl. Aber wie die meisten es kennen, ist ein "Wenn du dich nicht anziehst, dann ..." schnell ausgesprochen, wenn es innerlich brodelt. Blöderweise beeilt das Kind sich dann meistens tatsächlich, da es nicht auf z.B. Serie gucken oder die Gute Nacht Geschichte verzichten will. Das Kind macht also was es soll, aber ich fühle mich mies dabei. So sollte Erziehung doch eigentlich nicht funktionieren, oder? Vor allem wiederholt sich das jeden Abend beim ins Bett gehen bzw. fürs schlafen fertig machen. Es gibt wohl Kinder, die freiwillig schlafen gehen oder müde sind, aber nicht unser Kind. Er will NIE ins Bett und ist NIEMALS NIE müde.
Jedes Mal nehme ich mir vor, es ohne drohen, lauter werden und genervt sein durchzuziehen. Meistens klappt es auch, da ich auch an mir arbeite, aber halt nicht immer. Leider habe ich auch in den Ratgebern nie eine explizite Beschreibung für genau diese Situationen gefunden. Die meisten geben einem ja "nur" eine Anleitung wie man ein Verhalten richtig interpretiert und welche Alternativen man dem Kind anbieten kann. Das klingt in der Theorie immer ganz wunderbar. Ich habe ein Buch von einer Autorin gelesen, die ohne Strafen erzieht und fand es schlüssig und verständlich geschrieben. Jedoch klappt das bei uns einfach nicht! Kein spielerisches Vorgehen, kein ruhiges Zureden, nichts bewegt ihn ohne Drama abends ins Bett zu gehen. Er wird auch noch in den Schlaf begleitet, da es ihm tierisch schwer fällt zur Ruhe zu kommen. Unser Sohn ist sehr willenstark, keine Frage! Schließlich hat er zwei sture Skorpione als Eltern und unseren Hang zum diskutieren geerbt. Das sehe ich auch ganz deutlich bei Diskussionen, zwischen meinen Mann und dem Sohn. Die beiden diskutieren dann so lange, bis mein Mann sich maßlos provoziert fühlt und dann genauso die "Wenn du nicht, dann ...." Karte zieht.
Und dann fühlt man sich geistig abends so ausgelaugt, als hätte man 9 Stunden höhere Mathematik gepaukt. Und vor allem fühlt man sich mies, weil man im Nachhinein darüber nachdenkt, dass man in manchen Situationen einfach "besser" hätte reagieren können. Geht euch das manchmal genauso? Ich glaube es ist nur menschlich, dass wir nicht 24h "perfekte" Eltern sein können, auch wenn wir das gerne hätten. Das zu akzeptieren fällt mir teilweise noch schwer, auch wenn ich weiß das man nie "100% perfekt" sein kann. Man kann sich nur immer wieder Mühe geben und sein Bestes versuchen, ohne komplett durchzudrehen und sich als Mensch zu vergessen...Und zu hoffen, dass es nur eine Phase ist ;)